Netze BW Magazin - 18.04.2023

Grünes Licht für die Energiewende – Forschungsprojekt flexQgrid

Das Netz der Zukunft wird real

Im Forschungsprojekt flexQgrid haben wir technische Innovationen in den realen Netzbetrieb integriert, um die Herausforderungen der Energiewende zu meistern. Um unsere Lösungen für diese Herausforderungen im realen Netzbetrieb umzusetzen, haben wir reale Rahmenbedingungen, reale Akteure aber auch reale Anforderungen an die Netzführung – Zuverlässigkeit und Versorgungssicherheit - berücksichtigt. Essenziell für die Versorgungssicherheit ist die Arbeit der Operator*innen in den Leitstellen von Netze BW, die jederzeit den Überblick über den Netzzustand behalten. Dabei verhindern sie schon heute Engpässe im Netz, indem sie beispielsweise Schaltungen durchführen oder die Leistung eines Windparks im Rahmen des Einspeisemanagements beschränken. Unser Ziel im Projekt war die proaktive Vermeidung von Engpässen im Verteilnetz durch das Netzampelkonzept in Kombination mit einem Quotenmodell. Engpässe wurden vorausschauend prognostiziert und durch die intelligente Koordination von Flexibilitäten vermieden. Kam es dennoch zu akuten Engpässen in Echtzeit, hat ein dezentrales System namens PSIngo den Engpass sofort erkannt und die Anlagen im Verteilnetz autonom gesteuert, um den Engpass zu lösen. Die Steuerung der intelligenten Haushalte wurde über ein Smart Meter mit einer Steuerbox inklusive digitaler Schnittstelle ermöglicht, die den Steuerbefehl an ein Energiemanagementsystem (EMS) weitergeben hat.

Das Netzampelkonzept

Das Prinzip der Netzampel: Jede Situation im Netz wird durch eine der drei Ampelfarben gekennzeichnet und jede Ampelfarbe zieht ein bestimmtes Verhalten nach sich. Immer mit dem Ziel, die Stromversorgung sicher und stabil zu halten. So werden Anlagen wie Wallboxen, Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher und Wärmepumpen intelligent koordiniert, um Überlastungen des Stromnetzes zu beheben und vorzubeugen. Im Forschungsprojekt flexQgrid wurde diese Lösung konzipiert und gemeinsam mit Anwohner*innen der Gemeinde Freiamt getestet.

Die grüne Ampelphase

Die grüne Ampelphase steht für einen sicheren und unproblematischen Netzzustand. Das heißt, dass alle Anlagen entsprechend ihres Wunschfahrplans betrieben werden können. Doch trotz einer entspannten Situation in Freiamt kann ein Engpass im vorgelagerten Netz vorliegen. In diesem Fall planen wir die Nutzung der Flexibilitäten im Nieder- und Mittelspannungsnetz zur Unterstützung höherer Netzebenen. Damit tragen wir dazu bei, dass nicht nur Freiamt sicher mit Strom versorgt wird.

Die gelbe Ampelphase

Wenn die Prognosen einen Engpass im Netz für die nahe Zukunft erkennen lassen, springt die Ampel auf gelb. Um eine Überlastung von Leitungen und Transformatoren vorausschauend zu vermeiden, gibt der Netzbetreiber jedem GEMS für den kurzen Zeitraum des Engpasses vor, wie viel Strom der Hausanschluss in Summe einspeisen bzw. verbrauchen darf.

Ein Beispiel: Die Prognosen sagen einen Engpass von 20:00 bis 20:30 Uhr voraus, da eine zu hohe Leistung aus dem Netz benötigt wird. Alle Netzanschlüsse, die einen Einfluss auf den Engpass haben, müssen in diesem Zeitraum ihren Netzbezug auf 80 % (bei uns Quote) reduzieren. Diese Information bekommt das GEMS bereits vorab. So wird zum Beispiel der Ladevorgang vorausschauend zu einer anderen Zeit geplant oder es wird im Feldversuch in diesem Zeitraum mehr Leistung aus dem Batteriespeicher ausgespeichert.

Wenn ein Haushalt die ihm zugewiesene Strommenge (Netzkapazität) nicht ausschöpft, kann diese Netzkapazität dem benachbarten Haushalt perspektivisch über den Sekundärmarkt für eine Gegenleistung zur Verfügung gestellt werden. So kann der benachbarte Haushalt zum Beispiel mehr als die geforderten 80 % reduzieren, damit man selbst gar nicht reduzieren muss.

Die rote Ampelphase

Manchmal läuft aber nicht alles wie geplant. Fällt eine Anlage kurzfristig aus, kann es zu einem Engpass in Echtzeit kommen. Die Ampel springt dann auf rot. Dann geben die Netzregler an den Netzanschlusspunkten (z.B. GEMS) Sollwerte vor, die sofort eingehalten werden müssen, um den Engpass zu beheben.

Komponentenausfälle und kurzfristige Abweichungen von Wetterprognosen können dazu führen, dass sich die Anlagen anders verhalten als geplant. Dies erhöht das Risiko von Netzengpässen. Damit jederzeit ein sicherer Netzbetrieb gewährleistet ist, steuern wir im Feldversuch die Flexibilitäten in diesem Fall direkt an und koordinieren sie in der Form, dass sich der Netzzustand entspannt. Da sich die Situationen im Netz stark unterscheiden, macht es die Vielzahl von Anlagen unmöglich, den optimalen Anlagenbetrieb manuell per Hand festzulegen. Aus diesem Grund erproben wir ein intelligentes System, das den Netzzustand in Echtzeit analysiert und Flexibilitäten im Feldversuch automatisiert steuert, sobald es eng wird. Damit sind wir auf alle Eventualitäten vorbereitet!

Hat sich die Netzampel in der Praxis bewährt?

Die Antwort konnten Sie bei unserer Online-Abschlussveranstaltung des Forschungsprojektes flexQgrid am 21.04.23 erfahren.

Sie haben die Veranstaltung verpasst oder möchten sich diese nochmals anschauen? Die Videoaufzeichnungen der einzelnen Themenblöcke finden Sie in unserer Mediathek.