Netze BW Magazin - 26.09.2023

Moleküle für die Energiewende

Einsatz von Molekülen im Energie- und Wärmemarkt

Die Energiewende wird meistens mit einer klimaneutralen Stromversorgung verbunden. Dabei steckt hinter dem Begriff so viel mehr: Denn Energie in Form von Molekülen wie Mineralöl und Erdgas macht derzeit den bei Weitem größten Teil des Energie- und Wärmemarktes aus. Und auch in Zukunft werden wir nicht auf Moleküle verzichten können, da sich viele Anwendungsfelder in der Industrie und im Wärmesektor nur schwer oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten elektrifizieren lassen. Um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, muss daher auch die Energie, die in Form von Molekülen genutzt wird, klimaneutral erzeugt werden. Grüner Wasserstoff gilt dabei als zukunftsfähiger Energieträger, um die bisherigen fossilen Moleküle zu ersetzen.

Was ist Wasserstoff und warum gilt er als Energieträger der Zukunft?

Wasserstoff (H) ist ein chemisches Element, das bei Normaltemperatur gasförmig ist. Es kommt in der Natur vor - zum Beispiel in Kombination mit Sauerstoff als Wasser (H2O). Reiner Wasserstoff kann neben wenigen natürlichen Vorkommen in Lagerstätten auf unterschiedliche Arten gewonnen werden. Um Wasserstoff zu erhalten, kann Wasser (H2O) durch Elektrolyse in seine Elemente Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O) zerlegt werden. Wird bei der Elektrolyse Strom aus erneuerbaren Energien eingesetzt, ist der Wasserstoff klimafreundlich. Wasserstoff gilt als flexibel einsetzbar, leicht in Tankwagen und Pipelines zu transportieren und gut zu speichern. Mit Wasserstoff kann Deutschland unter Gewährleistung einer hohen Versorgungssicherheit seine Wärmeversorgung, die Industrie sowie den Lkw-, Schiff- und Flugverkehr klimaschonend umgestalten.

Relevante Arten von Wasserstoff

Grüner Wasserstoff

Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt. Dabei wird das Wasser mithilfe von elektrischem Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt.

Grauer Wasserstoff

Bei grauem Wasserstoff ist der Ausgangsstoff ein fossiler Brennstoff. Erdgas wird unter dem Einsatz von heißem Wasserdampf in CO2 und Wasserstoff umgewandelt. Das entstandene CO2 gelangt in die Atmosphäre und verstärkt dadurch den Treibhauseffekt.

Blauer Wasserstoff

Bei blauem Wasserstoff handelt es sich im Grunde um grauen Wasserstoff. Der Unterschied: Bei blauem Wasserstoff wird das entstandene CO2 gespeichert. Diese Art der Wasserstoffproduktion gilt deshalb als CO2-arm und könnte bis zur ausreichenden Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff relevant sein.

Türkiser Wasserstoff

Türkiser Wasserstoff entsteht durch die thermische Spaltung von Methan (Pyrolyse). Anstelle von CO2 entsteht hierbei ein fester Kohlenstoff. Um diese Art der Produktion CO2-arm zu gestalten, müssen erneuerbare Energien zum Einsatz kommen und der Kohlenstoff muss dauerhaft gebunden werden.

Wo kann Wasserstoff eingesetzt werden?

Ein künftiges Einsatzgebiet für Wasserstoff sind Gewerbe- und Industriezweige, insbesondere dort, wo hohe Temperaturen von 500 Grad und mehr benötigt werden. Beispielsweise in der energieintensiven Produktion von Stahl kann Wasserstoff Kohle ersetzen. Auch bestimmte Prozesse in der Chemieindustrie lassen sich nur mit grünem Wasserstoff klimaschonend gestalten. In Bezug auf die Wärmeversorgung kann Wasserstoff beispielsweise im wenig energetisch sanierten Gebäudebestand oder zur Versorgung von Wärmenetzen (insbesondere an kalten Wintertagen) eine wichtige Rolle einnehmen.

Auch im Bereich Mobilität kann Wasserstoff eine klimaschonende Alternative sein. Wasserstoffzüge haben das Potenzial, Dieselzüge im Regionalverkehr zu ersetzen und die CO2-Emissionen auf der Schiene zu minimieren. Zusammen mit CO2 lässt er sich zum Beispiel in klimafreundliche Kraftstoffe umwandeln, die Lkws, Schiffe oder Flugzeuge antreiben. Um Zeiten mit wenig Wind und Sonne ausgleichen und somit die Energieversorgung sicherstellen zu können, werden Gaskraftwerke benötigt. Künftig sollen diese ebenfalls mit klimaneutralen Gasen wie Wasserstoff betrieben werden.

Wo soll der Wasserstoff herkommen?

Zehn Gigawatt Elektrolyse-Kapazität will Deutschland bis 2030 aufbauen. Damit sollen rund 30 bis 50 Prozent des deutschen Wasserstoff-Bedarfs gedeckt werden. Der restliche Bedarf muss über Importe gedeckt werden. Dafür wird eine Wasserstoff-Importstrategie aufgesetzt. Bereits jetzt gibt es internationale Partnerschaften zwischen Deutschland und verschiedenen Partnerländern: Australien, Neuseeland, Namibia und Kanada. In Bezug auf Wasserstoff-Forschung kooperiert Deutschland mit den Niederlanden und Frankreich.

Das Foto rechts zeigt die Wasserstoffinsel Öhrigen - unser Leuchtturmprojekt der Energiewende.