21. Oktober 2020
Kooperationspartner Siemens und Netze BW setzen auf nachhaltige und intelligente Netztechnik
Buchenberg. Rein äußerlich unterscheidet sich die neue Ortsnetzstation in Buchenberg-Kreuzthal in keiner Weise von den weit über 20.000 anderen Stationen der Netze BW. Doch das Betongehäuse etwa von der Größe einer kleinen Garage hat es buchstäblich in sich. In ihm befindet sich – neben dem Transformator – eine Neuentwicklung, die in einer Forschungskooperation zwischen der Netze BW und der Siemens-Sparte Smart Infrastructure nun im Realbetrieb erprobt wird: Eine kompakte und umweltfreundliche gasisolierte Schaltanlage. Obendrein sorgt ein neuartiges Automatisierungssystem für eine zuverlässige Überwachung und Steuerung der Station.
Das Herzstück der Station ist eine 24 kV gasisolierte Ringkabelschaltanlage von Siemens. Sie verbindet das Isoliermedium Clean Air – eine Mischung aus natürlichen, atmosphärischen Gasen – mit bewährter und zuverlässiger Vakuumschalttechnik. Siemens verzichtete auf jegliche chemischen Gasgemische, die auf Fluor basieren. Dabei behält die neuartige Anlage nicht nur die gewohnt hohe Verfügbarkeit und Betriebssicherheit bei. Sie kommt auch mit demselben Platz wie bestehende Stationen aus, die somit problemlos auf diese neue Technologie umgerüstet werden könnten.
„Mit Anlagen wie dieser verfolgen wir zwei Ziele. Zum einen gehen wir konsequent den Weg der Digitalisierung, um die zunehmend dezentrale und volatile Energieerzeugung auch zukünftig sicher in unser Verteilnetz zu integrieren. Zum anderen erproben wir klimaschützende Alternativen zum herkömmlichen Isoliergas SF6“, erläutert Martin Konermann, Technischer Geschäftsführer der Netze BW. „Mit dieser digitalen und ökoeffizienten Umspannstation haben wir einen weiteren wichtigen Baustein, unser Verteilnetz zukunftsfähig und nachhaltiger zu gestalten.“
In dieser Station habe man ganz klar einen neuen Standard für eine intelligente und zugleich ökologische Energieverteilung gesetzt, sagt Stephan May, CEO der Business Unit Distribution Systems bei Siemens Smart Infrastructure, und fährt fort: „Ortsnetzstationen sind eine Schlüsselkomponente in Verteilnetzen. Gemeinsam mit Netze BW haben wir eine bislang einzigartige Lösung pilotiert, die unsere bewährte Schalttechnik mit umweltfreundlichen Technologien und digitaler Intelligenz konsequent verbindet.“
Die Station ist über eine integrierte Fernwirkeinheit und einem Satellitenmodem an die Netzleitstelle der Netze BW in Ravensburg angebunden und kann so von dort gesteuert werden. Damit lässt sich eine hohe Strom- und Netzqualität auch in Zeiten zunehmend dezentraler Energieerzeugung sicherstellen. Insbesondere in Kreuzthal ist das ein wichtiger Aspekt. Hier gab es in der Vergangenheit bisweilen Probleme bei der Behebung von Stromstörungen, da im Winter das Eschachtal schlecht erreichbar und die Mobilfunkabdeckung in dem Gebiet lückenhaft ist. Die Fernwirkbarkeit macht nun den Netzbetrieb vor Ort effizienter und erspart künftig lange, erschwerte Anfahrtswege.
Die nun in Betrieb genommene Ortsnetzstation ist Teil eines umfassenden Ausbaus des örtlichen Stromnetzes im Kreuzthal, den die Netze BW im vergangenen Herbst begonnen hat, um künftig kritische Versorgungssituationen durch Extremwetterlagen, wie beim Schneechaos im Januar 2019, vermeiden zu können. Freileitungen wurden seitdem durch Erdkabel ersetzt. Zusätzlich sorgen gänzlich neue Erdkabeltrassen für eine weitere Verstärkung. Rund 2,5 Millionen Euro investiert die Netze BW in das Erneuerungsprogramm, das Ende 2021 abgeschlossen werden soll.
Im täglichen Einsatz im Verteilnetz versprechen sich die Partner wichtige Erkenntnisse von der Pilotierung der typgeprüften nachhaltigen Ortsnetzstation, insbesondere in Bezug auf die über den gesamten Lebenszyklus betrachteten Aspekte Wirtschaftlichkeit, Wartungsbedarf und Nachhaltigkeit der Anlage. Die bereits seit 2018 in der Hochspannungsschaltanlage in Nördlingen eingesetzte SF6-freie Isolierung mit technischer Luft von Siemens wird von der Netze BW nun auch in ihrem Mittelspannungsverteilnetz erprobt. Die Ergebnisse der Kooperation und die im Laufe des Projektes gemachten Erfahrungen mit der neuen Anlage werden wesentlich dazu beitragen, die Industrialisierung dieser nachhaltigen Technologie voranzubringen.
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